Vikar Christian Feidner stellt sich vor

Von einem Nachfolger Christi Jesu, berufen zum Vikariat, ausgesondert zu predigen das Evangelium Gottes. An die Gemeinde in Michelstadt und Würzberg, allen, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen an jedem Ort bei Ihnen und bei uns: Gnade sei mit Ihnen und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

Zugegeben: die Anrede im Stil des Apostel Paulus und die Verknüpfung mit der eigenen Kirche wirkt mehr als anmaßend. Aber ist es nicht ein interessanter Gedanke, den eigenen Gemeindebrief oder Website als Fortsetzung der Tradition der Briefe des Neuen Testaments zu betrachten? Die Kirchenglocke als schriftliches Zeugnis der Dinge, die Gott im Herzen des Odenwaldes im ersten Jahrhundert des dritten Jahrtausends bewirkt? Im Gegensatz zu den paulinischen Briefen schreibe ich Ihrer Gemeinde als bisher ‚Unbekannter‘. Damit das nicht so bleibt, möchte ich mich hier kurz vorstellen und hoffe Sie alle bald auch persönlich kennenlernen zu können.

Mein Name ist Christian Feidner, ich bin 32 Jahre alt und ich freue mich sehr von September 2022 bis zum Sommer 2024 mein Vikariat bei Ihnen in der Stadtkirche Michelstadt zu verbringen! Während diese Kirchengemeinde mir im Moment zwar noch fremd ist, ist mir der Odenwald überaus vertraut. Denn in Höchst bin ich aufgewachsen und durfte hier im Mümlingtal eine glückliche Kindheit und Jugend verbringen. Kirchlich engagiert war ich während dieser Zeit in der Evangelischen Freikirche in Erbach. Durch gemeinsame Allianz-Gottesdienste und die starke Vernetzung der Jugendgruppen konnte ich damals bereits die Kirchenlandschaft der Gegend gut kennenlernen.

Beruflich kam ich eher auf Umwegen zur Theologie: Prägend war sicherlich ein nach dem Abitur geleisteter Zivilersatzdienst in der Mission in Yangon, Myanmar. Dort konnte ich mich für ein Jahr bereits kirchlich stark engagieren. Vom Englischunterricht an einer privaten Schule und im Kindergarten, Gottesdienstgestaltung, Theatergruppe, Bibellesen mit buddhistischen Mönchen und dem regelmäßigen Besuch von Waisenhäusern war alles dabei. Als ich dann darüber nachdachte, wie es beruflich weitergehen sollte, kam die Theologie zwar in Frage, aber mit Anfang 20 traute ich mir das nicht so richtig zu. Stattdessen entschied ich mich meine Leidenschaft für die Theologie und Kirche auf das Private zu beschränken und mich etwas Handfesterem zuzuwenden. Zwischen 2011 und 2017 studierte ich Ingenieurwesen und Wirtschaftswissenschaften in Aschaffenburg und Friedrichshafen und beendete mein Studium mit einem Masterabschluss. Als ich dann aber als Ingenieur und im Verkauf in der Wirtschaft in Frankfurt am Main und der Schweiz arbeitete, musste ich schnell feststellen, dass ich in den Tätigkeiten keine tiefgehende Zufriedenheit fand.

Ein einmonatiger Aufenthalt in Israel, viele Gespräche und Gebete halfen mir, Gewissheit zu erhalten, dass ich’s nun doch noch mit der Theologie einmal probieren sollte. Also bewarb ich mich für den berufsbegleitenden Masterstudiengang an der Philipps-Universität in Marburg und studierte dort von 2019 bis 2022 in drei Jahren Evangelische Theologie. Und was für eine spannende, segensreiche Zeit das war! Für die letzten vier Jahre finanzierte ich das Studium, indem ich als Laboringenieur an der Hochschule in Aschaffenburg arbeitete. Aber meine Leidenschaft galt jenen Stunden, die ich abends und am Wochenende mit meinen Büchern zubrachte. Mehrere Schwerpunkte konnte ich dabei im Studium setzen: Die Schöpfungsgeschichten, die Zionstradition, der Buddhismus und die amerikanische Prozesstheologie. In meiner Abschlussarbeit beschäftigte ich mich intensiv mit der Frage, wie sich eine christliche Erlösungslehre denken lässt, die Menschen anderer Religionen Errettung zuspricht, ohne dabei die eigene Tradition zu entwerten.  Nach Abschluss des Studiums im Sommer 2022 bewarb ich mich also kurzfristig in der EKHN für ein Vikariat und mir wurde – zu meiner Freude – die Gemeinde in Michelstadt mit meiner Lehrpfarrerin, Anneke Pereboom, zugeteilt. Ich freue mich sehr, Sie alle in diesem Rahmen in den kommenden Monaten und Jahren kennenzulernen.

Abseits der Theologie verfolge ich ein paar Interessen. Ich fahre sehr gerne eins- zweimal im Jahr auf eine Motorradtour mit meiner BMW in die umliegenden Nachbarländer. Hier habe ich mir im Jahr 2020 eine kleine 125er in Portugal ausgeliehen und bin von Porto auf den höchsten Berg des Landes ins Serra da Estrela gefahren (siehe Bild). Als Ausgleich zum meist stressigen Alltag betreibe ich auch sehr gerne Sport. Neben dem Laufen probiere ich mich zurzeit im Bouldern und Klettern aus.

Erst kürzlich hatte ich die Möglichkeit, in einer freien Trauung eines Freundes in Thüringen, die Worte Paulus auszulegen und die Rückmeldungen dazu waren erstaunlich: Ein junger Mann erzählte mir, dass er sich vornehme, das komplette Neue Testament durchzulesen. Ein anderer beklagte sich, dass doch leider die Pfarrstelle in seinem Dorf schon länger unbesetzt sei und wünschte, da würde jemand geeignetes bald nachkommen. Eine Dritte hat eigentlich mit Glauben nichts zu tun, aber höre seit einiger Zeit mit Begeisterung den Podcast ‚Unter Pfarrerstöchtern‘. Ich spüre aktuell einen geistigen Hunger unter den Menschen, der mich zutiefst freut! Paulus würde diese Erfahrungen vielleicht als mehrere aufgetane Türen beschreiben, die weit und vielversprechend seien. Jedenfalls betrachte ich das Vikariat in Michelstadt als großartige Gelegenheit, solche Türen weiter aufzustoßen, von und mit Ihnen zu lernen und Kirche in Anknüpfung unserer Tradition in der heutigen Zeit neu zu denken!