OsterLichtBlick

Liebe Leserinnen und Leser,

Ostern ist anders. Im Original kein Nest, keine Eier, schon gar keine Hasen – sondern Friedhof, Grab, Stein. Dort passierte es. Dort schockierte es: Die Osterfrauen kamen ans Grab Jesu, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Doch das Grab war leer und ein Jüngling im weißen Gewand sprach zu ihnen: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ Sie aber „flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich.“ – Markus 16, 6+8

Erst nachdem ihnen der Auferstandene erschienen war, wurde aus dem Oster-Schock Osterfreude. Doch der Auferstandene ist nicht der Wiederbelebte. Das merkten auch die anderen Osterzeugen: Sie erkannten ihn zunächst nicht als Jesus. Etwa die Emmaus-Jünger, die ihn erst für einen Fremden hielten.
„Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen.“ Lukas 24, 30+31

Der Auferstandene entzieht sich unserem Fassungsvermögen. Das wahre Ostern sprengt unsere Vorstellungskraft. Es lässt sich nicht verniedlichen oder versüßen. Es ist kein Junk-Food für die Seele, sondern Nahrung für unseren Glauben.

Ostern ist Machtwort des Schöpfers für das Leben. Der Tod ist seitdem nur noch gültig, nicht mehr endgültig. Ja, wir müssen noch sterben, aber wir können uns des Todes nicht mehr sicher sein.

Der Apostel Paulus hat es so formuliert: „Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“ 1. Korinther 15, 42+44

Im kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry heißt es: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Dies haben auch die Emmaus-Jünger erfahren, als sie den Auferstandenen erkannten: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?“ Lukas 24, 32

Da, wo wir vom Osterevangelium angesprochen werden und unser Herz brennt, kommen wir in Berührung mit dem, was über dieses Leben hinausreicht – etwas, das uns ergreift, wir aber noch nicht begreifen können. An die Auferstehung zu glauben, ist letztlich eine Herzensentscheidung.

Das Oster-Evangelium ist Zuspruch, aber auch Anspruch zugleich. Denn Ostern bedeutet Aufstand gegen den Tod. Das macht uns zu Protestantinnen und Protestanten gegen alles Todbringende.

Dabei ist der Tod, wie die Finsternis, eine passive Macht. Man kann Finsternis nicht wirklich bekämpfen. Aber zünde ein Licht an und sie muss weichen.

Also ist Aufstehen für das Leben angesagt: unser Einsatz für eine friedlichere, gerechtere und nachhaltigere Welt, im Großen wie im Kleinen. Der hat Zukunft und die Verheißung des Lebendigen. Machen wir uns auf diesen schwierigen Weg wie die Osterfrauen. Lassen wir uns dabei nicht abschrecken von dem, was unsere Erwartungen durchkreuzt, sondern überraschen von dem, was uns blüht. Frohe Ostern!

Ihr und euer Pfarrer Frank Seeger