Weiten-Gesäß. Eine Raupe verpuppt sich und wird zum Schmetterling. Ein Engerling verwandelt sich in einen Maikäfer. Soweit bekannt. Das wird so zwar nicht im Unterricht gelehrt, stellt im Schulalltag aber eine wichtige Grundlage dar. Denn die beiden jahrgangsübergreifenden Klassen heißen hier „Frösche“ (erste und zweite Klasse) und Bienchen (dritte und vierte). Das ist eine Besonderheit dieser Schule, deren Fortbestand in kirchlicher Trägerschaft bekanntlich vor einiger Zeit auf der Kippe stand, die aber mit großem Einsatz und Energie vieler auch weiterhin jungen Menschen Bildung und (christliche) Werte vermitteln kann. Wieviel Sympathie und Unterstützung ihr zukommen, das war nun bei dem Fest zum Fünfundzwanzigjährigen eindrücklich sichtbar. Aus dem Schulfest wurde eine Feier des ganzen Dorfes, bei der sämtliche Ortsvereine unter Federführung des Schulfördervereins mit großem Engagement beteiligt waren.
Das Fest stand ganz im Zeichen der Bienen; so säumten etwa ungezählte kleine Pappbienchen die Wege. Unterhalb der evangelischen Kirche, die auch Nachbarin des Schulgebäudes ist, wurde der neugestaltete BienchenLernPfad eröffnet. Hier gibt es auf Schritt und Tritt kindgerechte Infos über das Leben der Bienen und darüber, was alles passiert zwischen Blüte und Honigglas, getreu dem Motto: je anschaulicher, desto besser.
„Der BienchenLernPfad ist ein Gemeinschaftsprojekt von Schulförderverein, der Interessengemeinschaft Odenwald und der Entega-Stiftung“, erklärt Fördervereinsvorsitzender Gunnar Krannich. Wobei hier, unterhalb des Gotteshauses, außer dem Lernpfad auch noch ein Versammlungsort entstanden ist – im Sinne des Gedankens: ein Platz fürs ganze Dorf. Ob es nun Freiluftgottesdienste oder Seniorennachmittage seien oder eben Veranstaltungen von Kita oder Schule – „Kirche lädt auf ihrem Gelände zur Gemeinschaft ein“, so Krannich.
Zum besonderen Geburtstag der Grundschule in dem Michelstädter Stadtteil war auch ein Ehrengast in den Odenwald gekommen: Christiane Tietz, die Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Sie bekleidet dieses Amt erst seit knapp vier Monaten, und die Weiten-Gesäßer freuten sich ganz besonders, dass sie im übervollen Terminkalender der Kirchenpräsidentin einen Platz gefunden hatten.
Schulleiterin Anette Röhner führte Christiane Tietz und den Odenwälder Dekan Carsten Stein durch die Räume der Schule. Dabei gab es auch manches Hallo und Wiedersehen: „Viele der Gäste sind ehemalige Schülerinnen und Schüler – jetzt sind schon ihre Kinder dabei“, freute sich die Schulleiterin. Sie erklärte Christiane Tietz auch, welche Kinder-Fragen bei der Entwicklung des BienchenLernPfades aufgekommen seien: Welche war die erste Biene? Warum gibt es eine Königin, aber keinen König? Aber auch, ganz praktisch gefragt: Wo geht eine Biene auf die Toilette?
In einem der Klassenzimmer gestaltete Gemeindepädagogin Talena Macri einen sogenannten Escape-Room, aus dem es ohne Engel-Unterstützung keinen Ausweg gab. Im Nachbarraum war eine Videoaufzeichnung des Musicals „Wie geht beten?“ zu sehen, mit dem bereits vor einem Jahr die Geburtstagsfeiern für die Schule begonnen hatten.
Beim Gottesdienst am Nachmittag verglich Pfarrerin Dr. Anneke Peereboom – gemeinsam mit Konfi-Teamerinnen und unterstützt von den Grundschulkindern – die Fußballwelt, symbolisiert durch Fantrikots, mit dem „Team Jesus“ und fand symbolische Parallelen zwischen beiden Bereichen. „Hass, Lügen, Habgier sind Fouls, dafür gibt es von Gott Rot.“ Passend hingegen waren Trikots mit den Stichworten Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld, Vergebung. „Was für eine Kleidung!“, staunte die Pfarrerin und versicherte, dass dies keine Auslaufmodelle seien oder sie je aus der Mode kommen würden. „Vor allem aber bekleidet euch mit der Liebe“, heißt es im biblischen Kolosserbrief. „Wenn wir nicht wissen, was wir anziehen sollen: Das passt immer und steht uns gut“, ermutigte die Pfarrerin, wofür es sogar Applaus gab – nicht alltäglich bei einer Predigt. Musikalisch gestalteten Kantorin Beate Ihrig sowie David Schlesier (Trompete) und das Ensemble 4You den Gottesdienst.
Musik hatte bereits früher am Tag eine wichtige Rolle gespielt: mit dem Gospelchor der Kirchengemeinde, den Würzberger Mundharmonikafrauen, DJ Harry, den Blechis sowie beim Kinder-Mitmachkonzert „Klassik mit Pfiff“.
Christopher Kloß, der als damaliger Weiten-Gesäßer Gemeindepfarrer den Anstoß gegeben hatte zur Gründung der Evangelischen Grundschule, erinnerte bei einem Rückblick an die Vorgeschichte und die Eröffnung der Bildungsreinrichtung 1999.
Zum Abschluss pflanzte Kirchenpräsidentin Tietz gemeinsam mit Kirchenvorsteherin Inge Krannich und Pfarrerin Peereboom unterhalb der Kirche beim BienchenLernPfad einen Goldparmänen-Baum, sicherlich auch eingedenk des Luther zugeschriebenen Satzes, dass es sich jederzeit lohne, einen Apfelbaum zu pflanzen. „Möge er Früchte bringen“, wünschte Inge Krannich.
„Der ganze Ort hat mitgefeiert, dass es diese Schule gibt“, schrieb die Kirchenpräsidentin bei Instagram. „Gemeinschaft und Selbstvertrauen werden großgeschrieben. Evangelischer Glaube findet dort lebensnah und kindgerecht statt.“
Bernhard Bergmann
Bildunterschriften
1) Für die Früchte von morgen: Einen Goldparmänenbaum hatte EKHN-Kirchenpräsidentin Christiane Tietz (4. v. li.) gepflanzt, hier mit (v. li.) den Lehrerinnen Yvonne Weidlich und Jasmin Wörz, Schulfördervereinsvorsitzendem Gunnar Krannich, Pfarrerin Dr. Anneke Peereboom, Dekan Carsten Stein, Schulleiterin Anette Röhner und Lehrerin Alke Kuschel.
2) Stücke aus dem Musical „Wie geht beten?“ sangen die Grundschulkinder beim Gottesdienst.
Fotos: Bernhard Bergmann