Die evangelische Kirche Würzberg
„Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“
Matthäus 18, 20
Wissenswertes rund um die Kirche Würzberg
Seit der Reformation hatte Würzberg gemeinsam mit anderen Filialorten zum Kirchspiel Michelstadt gehört und alle kirchlichen Handlungen wurden jahrhundertelang in der dortigen Stadtkirche vollzogen. Die weiten Wege (1,5-2 Stunden Fußmarsch waren zu bewältigen!), die insbesondere bei schlechten Witterungsverhältnissen gerade auch für ältere Gemeindemitglieder ein Problem darstellten, ließen den Ruf nach einer eigenen Kirche für das Dorf Würzberg jedoch mit der Zeit immer lauter werden. Ende des 19. Jahrhunderts gründete sich ein Kirchenbauverein, der eifrig Spenden sammelte. Damit konnte die konkrete Planung beginnen.
Unter der Leitung des Großherzoglichen Kreisbauinspektors Plitt aus Erbach entstand ein Entwurf für eine Dorfkirche im neuromanischen Stil. Am 17. September 1905 erfolgte die Grundsteinlegung. Ein Augenzeuge berichtet:
„Viele Bewohner aus der Nachbarschaft lenkten an diesem Sonntag ihre Schritte nach unserem festlich geschmückten Dörfchen. Auch viele Fuhrwerke, namentlich aus Michelstadt, trafen ein. Um drei Uhr nachmittags bewegte sich der Festzug von der Römerburg zum Kirchenplatz. Die rohen Mauern ragten schon in stattlicher Höhe aus dem Boden. Alle Festteilnehmer konnten nicht im Innenraum Platz finden; viele standen draußen oder auf den Mauern. Herr Oberpfarrer Bernbeck aus Michelstadt hielt eine längere Ansprache und verlas die Urkunde. Während die Schüler der ersten Klasse sangen, wurde die Kassette zugelötet und eingemauert. Außer der Urkunde kamen in die Kassette noch Proben der diesjährigen Ernte, ein Programm der Festfeier sowie ein Exemplar der Darmstädter Zeiung, des „Centralanzeigers“ für den Odenwald und des neuen Hessischen Kirchenblattes. Es folgten die üblichen Hammerschläge mit entsprechenden Begleitworten: „Möge der Tag der Einweihung im nächsten Jahr ein ebenso schöner werden, als der der Grundsteinlegung.“
Niemand ahnte in diesem Moment, dass sich die Bauzeit noch über zwei Jahre hinziehen würde. Aber man hatte diverse Probleme zu lösen. U.a. deckte ein heftiger Sturm im Jahr 1906 das Dach teilweise wieder ab und jede Menge Regen und Schnee drangen in den Rohbau ein. Dennoch konnte noch im gleichen Jahr der Innenausbau beginnen. Das Kirchspiel Michelstadt stiftete ein rundes Glasfenster im Altarraum, das die Geschichte von Maria und Marta (Lukas 10,38-42) in Szene setzte und bei der Firma Bechstein in Groß-Umstadt wurde eine Orgel in Auftrag gegeben – zum Preis von damals 1.950 DM. Die Firma Weule in Bockenem im Harz goss im Herbst 1906 zwei Glocken für den Kirchturm, die noch um das alte Schulglöcklein ergänzt wurden, und auch eine Turmuhr wurde angefertigt. Ein Großteil der Innenausstattung der Kirche wurde gespendet – darunter das Abendmahlsgerät, ein Lesepult, die Altarbibel und ein hölzernes Kruzifix.
Am 8. September 1907 war es dann endlich so weit und die neue Kirche konnte geweiht werden. Ein großer Festzug machte sich von der Römerburg aus auf den Weg – bestehend u.a. aus Musikern, Lehrern und Schülern, Geistlichen im Ornat, Standesherren, Vertretern der Behörden, Bauleitung, Kirchenvorständen aus Würzberg und Umgebung, Ortsvorständen, Chören und dem Kriegerverein. Mit den Klängen des Liedes
„Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein; ach wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein! Hier ist Gottes Angesicht; hier ist lauter Trost und Licht“ begann die Eröffnungsfeierlichkeit in der Kirche. Nach einer Weiherede des Superintendenten Dr. Flöring hielt Stadtpfarrer Heß die Festpredigt zu einer Stelle aus dem 1. Petrusbrief (25), Dekan Stromberger sprach Schlussgebet und Segen und ein Kind wurde getauft. Seither fanden alle 4 Wochen Gottesdienste in der neuerbauten Kirche statt, wie Unterlagen aus dem Jahr 1917 verraten.
Mehrere große Renovierungen in den 50er Jahren und zu Beginn des neuen Jahrtausends erfolgten und sicherten den Bestand der denkmalgeschützten Kirche. Ende der 60er Jahre zog das heutige Taufbecken als Schenkung der Michelstädter Stadtkirche in den Würzberger Altarraum ein. Der gotisch anmutende Taufstein war ursprünglich 1868 anlässlich der silbernen Hochzeit von Graf Eberhard zu Erbach-Erbach und seiner Frau Klothilde der Michelstädter Stadtkirche geschenkt worden. Dort wurde es jedoch um 1910 in die Sakristei verbracht und geriet dort mehr oder minder in Vergessenheit, bis es gut 50 Jahre später in Würzberg wieder seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt werden konnte.
(alle Informationen stammen aus der Festschrift „1907-2007. Evangelische Kirche Würzberg. Bearbeitet im Auftrag der Ev. Kirchengemeinde Würzberg durch Walter Weidmann anlässlich des 100jährigen Kirchenjubiläums)